Haftbefehl aufgehoben – Mehmet Yeşilçalı ist frei!
Es war längst überfällig: Mit Beschluss vom 1. Dezember 2017 hat das OLG München den Haftbefehl gegen Mehmet Yeşilçalı aufgehoben, da eine Haftfortdauer unverhältnismäßig wäre (hier die Presseerklärung des OLG).
Mehmet Yeşilçalı wurde im April 2015 in der Schweiz festgenommen und befand sich seitdem in Auslieferungs- bzw. Untersuchungshaft. Dem Gericht war über den gesamten Zeitraum bekannt, dass sein Gesundheitszustand aufgrund der in türkischer Haft erlittenen schweren Folter ausgesprochen kritisch ist. Eine dramatische Verschlechterung war seit Dezember 2016 festzustellen, als Mehmet Yeşilçalı in der JVA München fast 24 Stunden nackt und unter Anwendung körperlicher Gewalt in eine Kellerzelle gesperrt wurde.
Obwohl mehrere Sachverständige schon im April 2017 eine weitere erhebliche Gesundheitsverschlechterung durch die Haftfortdauer unmissverständlich prognostiziert hatten, wurde ein erster Antrag der Verteidigung auf Haftverschonung vom Gericht im Mai 2017 abgelehnt. Dabei wurde unter Missachtung des Grundrechts auf Schutz des Lebens und der Gesundheit die Auffassung vertreten, die Erkrankung von Mehmet Yeşilçalı habe für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft keine Bedeutung. Stattdessen versuchte das Gericht, die schlechte gesundheitliche Verfassung von Mehmet Yeşilçalı zur Erlangung eines Geständnisses zu nutzen. Ihm wurde im Falle eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe von ca. 3 Jahren und damit indirekt eine Haftentlassung angeboten. Hierauf ist er nicht eingegangen.
Nachdem es in der Folgezeit zu weiteren retraumatisierenden Ereignissen in der Haftanstalt gekommen ist, und die Vertrauenstherapeutin feststellen musste, dass eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes nicht möglich ist, stellte die Verteidigung im August 2017 erneut einen Antrag auf Haftentlassung.
Trotzdem wartete das Gericht noch mehr als drei weitere Monate, bevor es sich zu einer Haftentlassung durchringen konnte. Ein Zeitraum, in dem sich die Verfassung von Mehmet Yeşilçalı so erheblich und auch in der Hauptverhandlung wahrnehmbar verschlechterte, dass das Gericht dies nicht länger ignorieren konnte.
Mehmet Yeşilçalı kann sich jetzt endlich traumatherapeutisch in München behandeln lassen und seine Familie sehen. Das Verfahren gegen ihn und die weiteren neun Angeklagten wird wie geplant weitergeführt.
Die Haftentlassung von Mehmet Yeşilçalı kann nur ein Anfang sein.
Eine Fortdauer der Untersuchungshaft ist auch bei den anderen Angeklagten nach 31 Monaten der Inhaftierung und 86 Hauptverhandlungstagen nicht mehr zu rechtfertigen.