Antrag auf Einstellung des Verfahrens abgelehnt.
Der 12. Verhandlungstag, der erste nach der Sommerpause, war erneut dem Antrag der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens wegen der offensichtlich willkürlich im alleinigen Interesse der Regierung Erdoğan erteilten Verfolgungsermächtigung des Justizministeriums gewidmet. Die Verteidigung erwiderte zunächst ergänzend auf die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft. Dabei wurde auch nochmals ausführlich dargestellt, wie konkret Erdoğan zuletzt in einem Interview die Auslieferung linker türkischer Oppositioneller von der Bundesregierung verlangt hat. Es wurde deutlich gemacht, dass die systematische Verfolgung der demokratischen Opposition bei gleichzeitiger systematischer Unterstützung des IS in Syrien dazu führen muss, dass der § 129 b StGB gegen Gruppen und Personen, die den türkischen Staat aus diesen Gründen bekämpfen, keine Anwendung finden kann und darf.
Bereits zu diesem Zeitpunkt traten große Probleme der Gerichtsdolmetscher zu Tage. Die meisten Anträge waren diesen bereits übersetzt vorgelegt worden, so dass sie eigentlich nur die von den Vertrauensdolmetscher:innen vorbereiteten Texte vorlesen mussten. Schon dies gelang nur schwer, weil die Gerichtsdolmetscher teilweise Schwierigkeiten hatten, das Tempo der in deutscher Sprache vorgetragenen Anträge zu halten und oftmals unverständlich lasen. Immer wenn freie Rede übersetzt werden sollte glitt die Verhandlung allerdings umgehend in ein klamaukhaft anmutendes Durcheinander ab, bei dem oft völlig unklar war, was die Gerichtsdolmetscher nun übersetzt hatten.
Das Gericht verordnete eine zweistündige Pause, um über den Antrag der Verteidigung zu beraten, und präsentierte am frühen Nachmittag einen umfangreichen Beschluss, mit dem die Anträge auf Einstellung zurückgewiesen wurden. Aufgrund erneuter Dolmetscherprobleme konnte dieser Beschluss nicht vollständig verlesen werden. Wir werden diesen Beschluss auf dieser Seite erst nach Abschluss und Diskussion mit den Angeklagten bewerten.
Der Angeklagte Müslüm Elma war an diesem Verhandlungstag erneut mit Handfesseln transportiert worden. Der Vorsitzende kündigte erneut an, dies zu unterbinden. Es ist allerdings deutlich, dass die schikanöse Behandlung der Angeklagten weiterhin ein Thema bleiben wird. So wurde dem Angeklagten Erhan Aktürk inzwischen seine Privatkleidung weggenommen, er muss in der JVA Landshut Gefängniskleidung tragen, weil ihm verweigert wurde, seine Kleidung in der Gefängniswäscherei waschen zu lassen. Es wird weiterhin notwendig sein, jede solche Schikane zurückzuweisen und für bessere Haft- und Verhandlungsbedingungen der Angeklagten zu kämpfen.
Die Hauptverhandlung am kommenden Freitag den 9. September 2016 wurde abgesetzt. Der nächste Verhandlungstag ist also der Montag der 19.09.2016.